Tessin bei schlechtem Wetter und Saukälte: da muss man sich was einfallen lassen, wenn man in einer Einzimmerwohnung auf 4 Rädern lebt. Hauptattraktionen waren ein warmer Kaffe / Schokolade im Mc Donalds, inklusive gratis WLAN. Zur Abwechslung und Steigerung der hygienischen Verhältnisse verbrachten wir den Sonntag-Nachmittag im Hallenbad Lido. Als Abschluss des Tessin-Aufenthaltes durften wir die grandiose Aussicht vom Monte Generoso geniessen. Am nächsten Morgen passierten wir mit mulmigen Gefühlen die Grenze nach Italien – der Beamte schien sich zum Glück herzlich wenig für die teils nicht ganz so legalen Anbauten am Auto zu interessieren. Weiterfahrt an den Gardasee nach Lazise, ein sehr touristischer aber sympathischer kleiner Ort.
Erste Nacht auf einem Camping, endlich wieder Sonne und entsprechende Auslüftung der Handtücher, Kleider und Bettwäsche. Corinne widmete sich tapfer den ersten Näh-Arbeiten an Dachzelt und Kleidern und ich dem Coleman-Kocher, damit die Pfannen während dem Kochen nicht immer das Weite suchen, wenn das Auto nicht ganz gerade steht.….am folgenden Tag stand ein Spaziergang entlang dem See auf dem Programm, bevor wir wieder Asphalt unter die Räder nahmen und auf der Autobahn nach Venedig fuhren. Fazit nach einem Tag Venedig: Regen, Regen, Regen, kalt, aber trotzdem Unmengen von Touristen. Keine Gummistiefel = nasse Füsse. 2.5 dl Cola und ein kleines Bierchen = 20 CHF. Offensichtlich sind Backpacker und Picknicker nicht sonderlich erwünscht. Bänkli zum Sitzen fehlen (vor allem am Trockenen….) gänzlich. Ansonsten ist die Stadt wunderschön und wirklich ein Besuch wert.
Am 02.11.10 sind Fränzi und Gerry auf dem Camping eingetroffen und haben uns mit Salbe, Windabweisern fürs Auto und natürlich Schenkeli und Schoko-Torte eingedeckt. Herzlichen Dank, liebe Eltern und Michel! Ein letzter Einkauf und dank GPS den Hafen auf Anhieb gefunden. Nun erfolgte die Registrierung /Abfertigung im Hafen, wo wir schon allerlei erlebt haben: ein Ägypter (lebend in Belgien aber mit franz. Kennzeichen am Auto) mit seiner familiären Entourage unterhielt uns mit seiner Art bestens: seine Frau ersuchte um Frischwasser für die Goldfische, welche im Tupper mit auf die Reise kamen (und wohl schon jetzt nicht mehr leben…), er selber zog sich eine Leuchtweste an und wirkte damit und seiner nervösen Art wie ein Hafenarbeiter der Schiffsgesellschaft, um schneller die Abfertigung hinter sich zu bringen. Die unzähligen Kinder lärmend um die überforderte Mutter herum…Die Abfertigung ging gut und schon bald konnten wir auf die Fähre fahren. Eine grosse Kabine und moderne Ausstattung der Fähre gestaltete die Überfahrt sehr angenehm.
Auch über das Essen konnten wir uns nicht beschwerden – im Gegenteil. Vorspeise, primo und secondo piatti, eine Frucht und ein Getränk. Chaotisch war nur der Umstand, dass niemand so genau wusste, was nun alles in der Vollpension inbegriffen war und was nicht, weil nicht alle Speisen inbegriffen waren. Joghurt UND Orangensaft zum Zmorge ging beispielsweise nicht. Und ein Gipfeli UND ein Brötli auch nicht, die Konfitüre dazu schon gar nicht, aber das wusste natürlich nur der glatzköpfige Officer mit der wichtigen Brille an der Kasse, der dies dann wichtig mitteilte und so jedem Passagier einzeln erklären musste, dass dieses und jenes nun extra kosten würde. Dass damit die Schlange hinter dem Buffet immer länger wurde, interessierte natürlich niemanden…Die Tage auf dem Schiff vergingen rasch – lesen, lesen, lesen, Karte und Reiseführer studieren und langsam die Wärme geniessen.
Die Einfahrt nach Tartous verlief unspektakulär. In der Zoll-Halle ging jedoch dann der Marathon des Einreise-Zirkusses los: Stempel hier, Steuern zahlen da, nächster Stempel (Stempel sind sehr wichtig!) am andern Schalter, tausend Papiere, ein riesen Gnusch! Die Beamten waren freundlich und hilfsbereit, so dass wir nach ca. 3 Stunden frei waren und das Hafengelände verlassen konnten. Nach einer Tank-Pause (130 Liter für ca. 50 CHF!) peilten wir eine Burg namens Crak de Chevalier ca. eine Autostunde im Landesinnern an. Erste Übernachtung auf einem Campingplatz, wo wir auch ein feines syrisches Znacht genossen haben. Die Sonne ging leider schon um 16 Uhr unter, ab 1630 Uhr finstere Nacht…
Nach einem ausgiebigen Zmorge sahen wir uns die Burg „Crac de Chevaliers“ an und fuhren dann weiter nach Palmyra, einer ehemaligen römischen Handelsstadt, wo noch viele Ruinen recht gut erhalten sind. Wir haben den einzigen Campingplatz gesucht und nach einem unfreiwilligen Abstecher in ein Hinterquartier des Ortes dann auch gefunden. Wunderschön gelegen hinter einem römischen Tempel in einem Palmenhain. Da wir in der Schweiz recht viele syrische Pfund gewechselt haben und aufgrund der hohen Diesel-Steuer (100 US-Dollar pro Woche!) wohl nur eine Woche in Syrien bleiben und ein Wechsel in jordanische Währung nicht möglich sei (?), „müssen“ wir halt nun das gewechselte Geld ausgeben...;-)
Am nächsten Morgen haben wir extra früh den Wecker gestellt und sind um 0445 aufgestanden, um den Sonnenaufgang zu bewundern. Leider nix gewesen: ein Sandsturm verdeckte die Sonne fast gänzlich, so dass wir uns wieder in die Betten verkrochen haben…den Tag verbrachten wir mit der Besichtung der eindrücklichen Tempelanlage von Palmyra: wahnsinnig, was die Römer alles gebaut haben! Tags darauf fuhren wir weiter Richtung Damaskus und machten Halt bei dem Kloster „Dair Mar Musa“, wo wir einen Mönch aus Effretikon getroffen haben. Er ist vor 16 Jahren aus der Schweiz ausgewandert und lebt nun hier in diesem abgelegenen Winkel von Syrien in diesem Kloster. Spannend, was er alles über das Kloster zu erzählen wusste. Die Nacht verbrachten wir nicht weit davon abgelegen an einem Hügel mit wunderschöner Aussicht. Nun lag Damaskus vor uns: Verkehrs-Chaos, Hitze, Abgase und ein recht trauriges, ärmliches Bild der Vororte prägte den ersten Eindruck dieser Millionenstadt. Den Campingplatz fanden wir nur schlecht als recht, auch mit GPS suchten wir recht lange, bis wir endlich das Schild gefunden haben. Der Verkehr forderte von den Fahrern recht viel Nerven…Mit dem Taxi gings nach einer ersehnten Dusche in die Innenstadt – die Augen brannten von den Abgasen der Autos – wir haben so etwas noch nie erlebt. Suqs, Moscheen und ein Handwerkermarkt – spannend, aber wir waren alle vier nicht sonderlich überwältigt von dieser Stadt, so dass wir tags darauf bereits wieder aufbrachen in den Süden, nach Bosra, wo wir ein römisches Amphitheater besichtigten. Dies jedoch war imposant: 15'000 Sitzplätze, eine eindrückliche Kulisse und dies alles noch recht intakt! Alle 2 Jahre finden dort noch heute Musik Festivals statt. Die überschüssigen syrischen Pfund haben wir bei einem Restaurant in US-Dollar gewechselt – zu einem unglaublich guten Kurs ;-(….Weiter gings tags darauf an die syrisch-jordanische Grenze, wo wir erneut das Grenzübergangsprozedere in Angriff nahmen. So langsam wussten wir: Ausreisestempel, Carnet abstempeln, Gebühren zahlen, Versicherung abschliessen….was wir jedoch nicht wussten: die Ausreise von Syrien ist nicht gratis. Leider hatten wir keine syrische Währung mehr, so dass wir wieder zur Bank pilgerten und zu einem weiteren unglaublichen Wechselkurs Euro in syrische Pfund wechselten. Nach zwei Stunden hatten wir jordanischen Boden unter den Füssen.
Unsere Ausrüstung hat sich bislang bewährt – Dotschli fährt und fährt und säuft und säuft: erstaunlich, der Unterschied zum Landrover Defender von Fränzi und Gerry! Bei Steigungen hat der alte Saugdiesel seine liebe Mühe, die 3. 5 Tonnen in Fahrt zu halten, so dass wir regelmässig auf ca. 40 km/h zurückfallen und selbst von Lastwagen überholt werden. So langsam werden die Temperaturen auch Dachzelt-tauglich, so dass wir nicht mehr Schlafsack UND Daunenduvets brauchen, um in unserem Himmelbett nicht zu frieren.
Fzit Syrien: das Land bietet für archäologisch und geschichtlich interessierte Leute sehr viel – für uns jedoch hinterliess Syrien nicht ein „Wow, da gehen wir wieder hin“. Das Land ist – jedenfalls was wir gesehen haben – eben, die Natur wird arg gebeutelt, der Abfall wird im Strassengraben entsorgt oder in Fässern, welche dann in Brand gesteckt werden. Kulinarisch hat uns die syrische Küche zugesagt: Fladenbrot und mehrere kleine Tellerchen mit eingelegten Gemüsen, Saucen oder Erbsenpüree als Vorspeise gefolgt von Reis, Kamelfleisch, Poulet und Gemüsen. Nun sind wir gespannt, was Jordanien bietet.
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